Hilfe bei Geschwistereifersucht

Geschwistereifersucht: Der Einfluss eines zweiten Kindes auf die Familienstruktur

Wir haben selbst gro­ße Angst vor der Geschwis­te­r­ei­fer­sucht gehabt, doch glück­li­cher­wei­se lie­ben sich unse­re Kin­der von gan­zem Her­zen und wir haben mit die­sem Pro­blem nur sel­ten zu tun. Doch im Freun­des­kreis und auch in Gesprä­chen mit Eltern aus der KiTa ist es ein häu­fig dis­ku­tier­tes The­ma.  Die Suche nach Tipps und Hil­fe bei der Hil­fe bei Geschwis­te­r­ei­fer­sucht beschäf­tigt Eltern im Freun­des­kreis, KiTa, Spiel­plät­zen und wir beob­ach­ten die Zan­ke­rei­en und Strei­te­rei­en häu­fig auf unse­ren Aus­flü­gen. Natür­lich kommt es auch bei uns vor und wir haben aus den Tipps eine Men­ge mitgenommen.

Nun habe ich vor eini­ger Zeit die Kin­der­psy­cho­lo­gin Andrea Salz­mann aus Essen ken­nen­ge­lernt und um einen Rat­ge­ber für die­sen Blog gebe­ten. Freund­li­cher­wei­se teilt sie mit uns ihre Erfah­run­gen, Tipps und Rat­schlä­ge zu dem The­ma “Geschwis­te­r­ei­fer­sucht”.

Gastbeitrag von Andrea Salzmann

Die Geburt des ers­ten, sowie jedes wei­te­ren Kin­des kann sicher­lich als ein „Lebens­er­eig­nis“ bezeich­net wer­den. Hat sich das Ehe­paar mit dem ers­ten Kind zu einer Fami­lie gewan­delt, wird mit dem zwei­ten und jedem wei­te­ren Kind die Fami­lie vergrößert.

Die Ankunft eines zwei­ten Kin­des ist ein wei­te­res Lebens­er­eig­nis. Obwohl man als Eltern nicht mehr ganz uner­fah­ren ist, was den Umgang mit einem Baby anbe­langt, ver­än­dert sich die Fami­li­en­struk­tur den­noch erheb­lich mit wei­te­ren Kin­dern. Abhän­gig vom Alters­ab­stand, der häu­fig 2–3 Jah­re beträgt, stel­len die Eltern fest, dass sich ihre fami­liä­re Ein­ge­bun­den­heit ver­stärkt und damit die Zeit als Paar und für sich selbst wei­ter vermindert.

Die große Sorge vor der Geschwistereifersucht

Ein gro­ßes The­ma nach der Geburt von Geschwis­ter­kin­dern ist die Eifer­sucht des Erstgeborenen.

Die Geschwis­te­r­ei­fer­sucht gehört zum nor­ma­len kind­li­chen Ver­hal­ten und zeigt sich häu­fig nicht direkt nach der Geburt des Babys, son­dern erst im Lau­fe der ers­ten Lebens­mo­na­te des Geschwis­ter­kin­des, und auch in den Jah­ren danach.

Ursachen für die Eifersucht unter Geschwistern

  • die Geburts­rei­hen­fol­ge:
    die Eifer­sucht rich­tet sich in der Regel auf das nächst­jün­ge­re Geschwisterkind
  • das Alter:
    die Eifer­sucht ist am aus­ge­präg­tes­ten, wenn das Kind 2,5 bis 3 Jah­re alt ist. Aber auch Kin­der, die älter als 5 Jah­re alt sind, kön­nen noch Eifer­sucht ent­wi­ckeln. Ist der Alters­ab­stand sehr gering, besteht in der Regel weni­ger Eifer­sucht. Gene­rell gilt: je inni­ger die Geschwis­ter­be­zie­hung, des­to weni­ger neigt das älte­re zur Eifersucht.
  • die Attrak­ti­vi­tät des Brü­der­chens oder Schwesterchens:
    Wird das Baby als „Son­nen­schein“ bezeich­net und erlebt, ist es hübsch, freund­lich und „pfle­ge­leicht“, kann dies für das älte­re Kind ein Grund für ver­stärk­te Eifer­sucht sein und den Gedan­ken, sein Geschwis­ter sei sein Kon­kur­rent um die Auf­merk­sam­keit der Fami­lie, näh­ren. Unter­schied­li­che Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten und die äuße­re Erschei­nung der Geschwis­ter kön­nen auch in den Jah­ren des Her­an­wach­sens für Eifer­sucht sor­gen, da das sozia­le Umfeld gege­be­nen­falls dem hüb­sche­ren, umgäng­li­che­ren oder offe­ne­rem Kind mehr Auf­merk­sam­keit schenkt.

Die Geburt des Geschwis­ter­kin­des löst Ver­un­si­che­rung beim älte­ren Kind aus. Es ver­misst die unein­ge­schränk­te Auf­merk­sam­keit der Eltern, ins­be­son­de­re die der Mut­ter. Die Eltern küm­mern sich nun mit lie­be­vol­ler Zuwen­dung um das Baby. Das älte­re Kind gewinnt dadurch den Ein­druck, dass die Eltern viel weni­ger Zeit für es haben und viel mehr Zeit für das Baby auf­wen­den – was auch oft stimmt und eine ent­spre­chen­de Not­wen­dig­keit dar­stellt. Der häu­fi­ge und aus­ge­dehn­te Kör­per­kon­takt zwi­schen Mut­ter oder Vater und dem neu­en Baby (Stil­len, Her­um­tra­gen, Wickeln etc.) kann die kind­li­che Eifer­sucht ver­stär­ken.

Um die Auf­merk­sam­keit und die Zuwen­dung der Eltern auf sich zu zie­hen, kommt es manch­mal vor, dass das älte­re Kind in frü­he­re Ver­hal­tens­wei­sen zurück­fällt und sich eben­so ver­hält wie ein Säug­ling. Bei­spiels­wei­se möch­te es auch bei den Eltern schla­fen, aus der Baby­fla­sche trin­ken, wie­der im Kin­der­wa­gen gescho­ben wer­den etc.

Die elter­li­che Fein­füh­lig­keit, die das Bedürf­nis ihres älte­ren Kin­des nach Nähe und Zuwen­dung erkennt, kann sein Gefühl bestär­ken, dass es wei­ter­hin geliebt wird. Jedoch ist nicht das Ver­hal­ten der Eltern allein Aus­lö­ser der Eifer­sucht (sie­he oben: Geschwis­te­r­ei­fer­sucht gehört zum nor­ma­len kind­li­chen Verhalten).

Umgang mit der Geschwistereifersucht

Wie kön­nen sich Eltern ver­hal­ten, wenn ihr älte­res Kind eifer­süch­tig auf das klei­ne Geschwis­ter­kind reagiert? Ich habe eini­ge Rat­schlä­ge für den Umgang mit der Geschwis­te­r­ei­fer­sucht zusammengetragen.

Zunächst gilt es, die kind­li­che emo­tio­na­le Ver­un­si­che­rung zu ver­ste­hen und zu ver­su­chen, eine mög­lichst aus­ge­gli­che­ne Bezie­hung zu bei­den, oder allen Kin­dern her­zu­stel­len. Dies erfor­dert häu­fig viel Ener­gie sei­tens der Eltern.

Einige Vorschläge für den Umgang mit der Eifersucht:

  • Ein­bin­den des jün­ge­ren Kindes:
    Bin­den Sie das älte­re Kind mit in die Pfle­ge des Babys ein, sodass es auch „Mut­ter“ oder „Vater“ spie­len kann und Für­sor­ge für sein Geschwis­ter ent­wi­ckelt. Dies kann die Geschwis­te­r­ei­fer­sucht in wah­ren Geschwis­ter­stolz umschwen­ken lassen.
  • Besu­cher vor­ab einweihen:
    Besu­cher, die das Baby sehen wol­len, kann man freund­lich ermu­ti­gen, zuerst das Geschwis­ter­kind zu begrü­ßen und sich dann erst dem Baby zuzuwenden
  • Exklu­si­ve Unter­neh­mun­gen mit dem älte­ren Kind:
    Unter­neh­men Sie etwas nur mit dem älte­ren Kind allein, oder erle­di­gen Sie eine gemein­sa­me Auf­ga­be, für die das Baby noch zu klein ist (ein Tier ver­sor­gen, gemein­sa­me Gar­ten­ar­beit, Thea­ter­be­su­che, Kin­der­kon­zer­te gemein­sam Hand­wer­ken, ein ande­res gemein­sa­mes Projekt)
  • Geschütz­te Umge­bung schaffen:
    Wird das Geschwis­ter­kind älter und kann sich durch Krab­beln oder Lau­fen fort­be­we­gen, sor­gen Sie für die Mög­lich­keit, dass das älte­re Kind auch ein­mal allein und geschützt spie­len kann, ohne dass das jün­ge­re Geschwis­ter etwa sei­ne Bau­wer­ke zer­stört. Dies ist ein sehr ver­läss­li­cher Anlass für Kon­flik­te, da die Eltern häu­fig all­zu bereit­wil­lig für das jün­ge­re Kind Par­tei ergreifen

Eltern spielen eine große Rolle bei diesen Konflikten

Die Ent­wick­lung einer guten Geschwis­ter­be­zie­hung soll­te immer durch die Eltern geför­dert wer­den. Die Inten­si­tät der Geschwis­te­r­ei­fer­sucht kann durch die Eltern regu­liert wer­den, wenn vor allem sich bei all den Her­aus­for­de­run­gen rund um das neue Baby sich not­wen­di­ge Res­sour­cen für das Geschwis­ter­kind auf­ge­bracht werden.

Eine Fami­lie ist ein kom­ple­xes Sys­tem, deren Mit­glie­der in stän­di­ger Wech­sel­wir­kung mit­ein­an­der ste­hen. Daher hängt ein gutes Gelin­gen des Fami­li­en­le­bens ins­be­son­de­re vom lie­be­vol­len Umgang mit­ein­an­der, von einem guten, nicht ver­let­zen­den Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stil, von der Pro­blem­lö­se­fä­hig­keit der Erwach­se­nen und von der elter­li­chen Fle­xi­bi­li­tät in der fami­liä­ren Rol­len­ver­tei­lung und Orga­ni­sa­ti­on ab. Eben­so soll­ten Eltern bereit sein, ein­mal ihre eige­nen Bedürf­nis­se zuguns­ten ihrer Kin­der zurückzustellen.

Das Anneh­men von Hilfs­an­ge­bo­ten aus dem sozia­len oder fami­liä­ren Umfeld und ein gutes sozia­les Netz sor­gen für Entlastung.

Zusammenfassend gebe ich diesen Tipp:

Wie die Fami­lie mit der Ankunft eines zwei­ten Kin­des und der damit auf­kom­men­den Geschwis­te­r­ei­fer­sucht umgeht, hängt von den grund­sätz­li­chen Res­sour­cen des fami­liä­ren Sys­tems ab. Im Ide­al­fall ist die Fami­lie eine Kraft­quel­le für Freu­de und Gesund­heit. Ein star­kes Gefühl der Ver­bun­den­heit unter­ein­an­der, und Eltern als sich lie­ben­de Part­ner geben einen siche­ren Rahmen.

Über Andrea Salzmann

Psy­cho­lo­gin (M.Sc.) Andrea Salz­mann aus Essen unter­stützt Fami­li­en, Kin­der und Jugend­li­che bei Pro­ble­men mit der eige­nen Wert­schät­zung, Über­for­de­run­gen aus dem All­tag und bie­tet sich als Ver­trau­ens­per­son außer­halb der Kern­fa­mi­lie an. Sie unter­stützt Fami­li­en bei Her­aus­for­de­run­gen im Fami­li­en­all­tag und wir kamen in einem per­sön­li­chen Gespräch auf das The­ma “Geschwis­te­r­ei­fer­sucht”. Ein aus­führ­li­ches Por­trät und eine Über­sicht ihrer Ange­bo­te befin­den sich hier.

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